Mosh, Moah, Posh
Immer wieder gelangen im Rahmen des Recyclingprozesses Mineralöle aus Zeitungsdruckfarben oder Kartonverpackungen in Lebensmittel oder Kosmetikprodukte. Unterschieden wird in diesem Zusammenhang zwischen drei Verbindungen: MOAH steht für die Abkürzung „Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons“. Diese Mineralöle bestehen zu 15 bis 20 Prozent aus aromatischen Kohlenwasserstoffen. MOSH steht dagegen für „Mineral Oil Saturated Hydrocarbons“, wobei es sich um gesättigte Kohlenwasserstoffe handelt. Die dritte Bezeichnung (POSH) beschreibt die Abkürzung für „Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons“, die als Oligomere aus den meist üblichen Packmittel Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE) ins kosmetische Produkt migrieren können.
Wodurch kommen wir mit MOAH, MOSH und POSH in Kontakt?
Der häufige Verzehr von Lebensmitteln, die mit MOAH, MOSH und POSH belastet sind, kann gesundheitliche Auswirkungen haben. Gleiches gilt für die Verwendung von Kosmetikartikeln, die ebenfalls MOAH, MOSH und POSH enthalten können. Wie inzwischen bekannt ist, findet die Kontamination mit Mineralöl aber nicht in jedem Fall nur im Rahmen des Verpackungsprozesses statt. Dies kann beispielsweise auch bei der Produktion geschehen. Ursachen sind unter anderem ölende Maschinenteile oder Schmierfette, in denen Mineralöl beziehungsweise MOAH oder MOSH enthalten ist.
Eine umweltbedingte „Grundbelastung“ zählt ebenfalls zu den Verursachern. Als Beispiele können in diesem Zusammenhang der Feinstaub asphaltierter Straßen und Emissionen aus Energieversorgungs- oder Industrieanlagen genannt werden.
Welches sind die Vorteile von Mineralöle & Co.
Die Stoffgruppe der Kohlenwasserstoffe wird immer wieder heftig diskutiert und ist dennoch, die am häufigsten eingesetzte Rohstoffgruppe in der Kosmetik. Diese Stoffe werden aus Erdöl oder immer häufiger auch aus Erdgas („GTL-Verfahren“) gewonnen. Es sind Gemische aus aliphatischen n- und i-Alkanen sowie gesättigte, zyklische Kohlenwasserstoffe (Naphtene). Bei den Paraffinölen, den sogenannten „Medizinischen Weißölen“ sind es überwiegend C20-C30-Moleküle. Es sind die reinsten kosmetischen Rohstoffe und in der Regel enthalten sie weniger als 10 ppb polyzyklische Aromaten. Diese Reinheit macht sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil der meisten medizinischen Salben und Lotionen.
Die kontroverse Diskussion kommt daher, das dieser Stoffgruppe einen okklusiven Effekt zugesprochen wird, der die Hautatmung behindern soll. Als Bestandteil einer kosmetischen Zubereitung ist max. ein teilokklusiver Effekt zu erwarten und der ist sogar erwünscht, um die Hautfeuchtigkeit bzw. Barriereschutz zu erhöhen. Bei bestimmungsgemäßen Gebrauch ist keine Schädigung der Haut zu erwarten.
Die Kohlenwasserstoffe kommen auch in der Natur vor und die Pflanzen und Tiere nutzen es auch zum Schutz (z.B. Bienenwachs enthält ca. 15%, Candelillawachs = 50% und Carnaubawachs = 3%) vor schädlichen Umwelteinflüssen.
In der pharmazeutischen Technologie müssen die Wirkstoffe auch freigesetzt werden, um an den Wirkort zu gelangen und dort Ihre Wirkung zu entfalten. Hier wird das Prinzip genutzt, polarer Wirkstoff in unpolarer Matrix und umgekehrt. Von PORTER ET AL. wurde 1989 der Begriff „Polar Paradox“ eingeführt. Sie konnten nachweisen, dass polare Antioxidantien eine größere Effizienz in unpolaren Matrices und unpolare Antioxidantien in polaren Matrices, wie beispielsweise Emulsionen aufweisen.
Umstrittene Mineralöle und mineralölbasierende Produkte
Substanzen wie Mineralöl (MOAH, MOSH) stehen schon seit längerer Zeit im Verdacht, krebserregend zu sein. Bekannte Testinstitute stellten bereits in zahlreichen Kosmetikprodukten einen extrem hohen Anteil an Mineralöl (MOAH, MOSH) fest. Dieser hohe Anteil könne nicht allein durch eine Verunreinigung aus dem Produktionsprozess entstanden sein. Kein Wunder, denn schaut man sich die Liste der Inhaltsstoffe einmal etwas genauer an, steht „Mineral Oil“ häufig ganz oben an erster Stelle. Dies trifft besonders auf Körperöle, Hairstyling-Produkte, Baby- und Lippenpflegeprodukte sowie Vaseline®, als klassisches Produkt, zu. Selbst die Artikel sehr namhafter und renommierter Hersteller sind mit Mineralöl und damit mit MOAH, und MOSH belastet. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat dünnflüssiges Mineralöl daher auch generell als riskant eingestuft, sofern die Substanz über die Nahrung aufgenommen wird. Doch inzwischen lässt sich diese Einschätzung auch auf alle Lippenpflegeprodukte, die auf Mineralölbasis hergestellt wurden, übertragen. Von der Nutzung solcher Produkte in Lippenpflegeprodukte wird deshalb abgeraten. In Naturkosmetik darf Mineralöl (MOAH, MOSH) übrigens nicht vorkommen.
Welche behördlichen Empfehlungen gibt es?
Die analytische Bestimmung von MOSH, MOAH und POSH gilt derzeit noch als eher schwierig, doch die größten Analytiklabore können solche Messungen durchführen (z.B. Eurofins). Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung eine analytische Methode veröffentlicht und schon im Jahre 2011 eine tolerierbare tägliche Aufnahmemenge ausgesprochen, bei der Analyse werden jedoch auch verwandte Verbindungen erfasst, die das Ergebnis unter Umständen verfälschen könnten. Dies gilt insbesondere für die Verfahren, die den Herstellern von Nahrungs- und Kosmetikprodukten vorgeschrieben werden. Grenzwerte für Mineralöl (MOAH, MOSH) in Kosmetik gibt es bislang noch nicht. Stiftung Warentest hat sich dem Thema in der letzten Zeit intensiv gewidmet und unterscheidet hier ganz klar zwischen MOAH und MOSH (Ausgabe Heft 06/2015). Während MOAH als potenziell krebserregend gilt, besteht nach den bisherigen Erkenntnissen für MOSH kein Krebsrisiko. Da sich diese Substanzen jedoch im menschlichen Fettgewebe einlagern, sind langfristige Auswirkungen nicht ausgeschlossen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung wies kürzlich darauf hin, dass Hautpflegeprodukte, die auf Mineralöl basieren, schon seit Jahrzehnten eingesetzt werden, ohne dass gesundheitliche Probleme mit ihnen in Verbindung gebracht werden können. Klinische oder epidemiologische Auffälligkeiten habe es bisher nicht gegeben. Zum Teil würden Produkte mit Mineralöl (MOAH, MOSH) sogar therapeutisch in der Dermatologie eingesetzt, da sie unter anderem bei Schuppenflechte helfen könnten. Aktuell geht man davon aus, dass das Mineralöl (MOAH, MOSH) in den obersten Hautschichten verbleibt. Panik wäre daher sicherlich nicht angebracht, dennoch sollte den Substanzen mit Vorsicht begegnet werden.
Als Entwickler, die eine große Produktvielfalt mit Mineralölen & Co. formuliert haben, können wir nur den Rat geben, eine exzellente Qualität einzukaufen. In Zusammenarbeit mit den bekannten Produzenten für medizinische Weißöle ist eine MOAH-arme Qualität absolut möglich. Wir verwenden nur noch Petrolatum-Typen die einen MOAH-Gehalt kleiner 1% aufweisen und medizinische Weißöle mit max. 500 ppm MOAH.
Die wichtigsten MOAH-/MOSH-haltigen Substanzen im Steckbrief
INCI-Bezeichnungen:
- Cera Microcristallina
- Ozokerite
- Paraffinum Liquidum
- Petrolatum
Cera Microcristallina
CAS-Nummer: 63231-60-7
Alternative Bezeichnungen: Erdwachs, Paraffinwachs, Mineralwachs, mikrokristallines Wachs
Funktionen: emulsionsstabilisierend, bindend, trübend
Vorkommen in der Kosmetik: Stiftpräparate, kompakte Cremes, Haarwachs
Ozokerite
CAS-Nummer: 8002-74-2
Alternative Namen: Erdwachs, Bergwachs oder Bergtalg
Funktionen: Bildet eine Schutzschicht gegen Wasser und Wasserdampf.
Vorkommen in der Kosmetik: wird für die Herstellung von Vaseline verwendet
Paraffinum Liquidum
Alternative Bezeichnungen: dickflüssiges Paraffin
CAS-Nummer: 8042-47-5
Funktionen: filmbildende, schützende Wirkung auf der Haut
Vorkommen in der Kosmetik: Salben, Lippenpflegeprodukte
Petrolatum
CAS-Nummer: 8009-03-8
Alternative Namen: Vaseline
Funktionen: Wird als Schutz gegen rissige Haut und spröde Lippen verwendet
Vorkommen in der Kosmetik: Salben, Cremes, Lippenpflegestifte
Wer auf Mineralöl und mineralölbasierte Produkte, die potentiell MOAH oder MOSH enthalten könnten, in der Kosmetik verzichten möchte, hat die Möglichkeit, auf rein pflanzliche Produkte zurückzugreifen. Inhaltsstoffe wie Nachtkerzenöl, Jojobaöl und Avocadoöl sind gute Alternativen, die alle Eigenschaften besitzen, um in Kosmetikprodukten eingesetzt zu werden. Pluspunkt: Die rein pflanzlichen Inhaltsstoffe enthalten zusätzlich noch Vitamine, Mineralstoffe und wertvolle Fettsäuren. Es gibt auch gute Pflanzenfettgemische (basierend auf hydrierte Pflanzenöle), die auch als Petrolatumersatz dienen können und sehr ähnliche hautpflegende Eigenschaften aufweisen. Auch bei diesen pflanzlichen Alternativstoffen ist eine exzellente Qualität entscheidend. Wer sich nur auf Zertifikate verläßt und ansonsten nur den Preis als Entscheidungskriterium nimmt, gefährdet unter Umständen auch seine Kunden. Der Kosmetikentwickler hat auch synthetische Alternativen zur Verfügung, die nicht aus Erdöl, gewonnen werden. Hier sind Polydecene, Synthetic Wax (FT-Wachse) und hydrierte Polyisobuten zu nennen.
Fazit: Mineralöle &Co. mit exzellenter Qualität sind unproblematisch, es gibt jedoch auch „grüne“ Alternativen
Auch wenn die Langzeitauswirkungen von MOAH, POSH und MOSH in der Kosmetik noch nicht ganz geklärt werden konnten, können solche Produkte von exzellenter Qualität unbedenklich eingesetzt werden oder es kann mit pflanzlichen Alternativen formuliert werden. Eine analytische Begleitung ist jedoch das Gebot der Stunde und schützt vor unliebsamer Nennung in den Medien. Zu dieser Einschätzung kommt auch das BfR in einer aktuellen Stellungnahme vom 26.05.2015.
Quellen:
- Cosmetics & Toiletries, Januar 2001, Seite 79
- Cosmetic Dermatology, September 2000, Seite 44–46
- Cosmetics & Toiletries , Februar 1998, Seite 33–40
- Stiftung Warentest Heft Juni 2015
- eigene Recherche