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Permeationsverbesserung

Permeationsverbesserung

Die Verbesserung der Permeation (von lateinisch „permeare“ ‚durchdringen, durchlaufen, durchwandern = Penetration durch die Haut) für topisch applizierte Substanzen kann durch Zusatz geeigneter Hilfsstoffe erreicht werden. Diese Stoffe erleichtern, den Transport durch die Hautbarriere, um eine verbesserte Wirksamkeit oder tiefere Penetration der Wirkstoffe zu erreichen. Diese Art der Wirkungsverbesserung wird auch in der Kosmetik oft angewendet. In der Galenik von pharmazeutischen Wirkstoffen wird häufig mit der Permeationsverbesserung gearbeitet, um die komplexen und großen Wirkstoffmoleküle dermal applizierbar und wirksam zu formulieren.

Es gibt unterschiedliche penetrationsfördernde Mechanismen

Basierend auf dem 1. Fick’schen Diffusionsgesetz kann die passive Steigerung der Permeation durch eine Erhöhung des Diffusionskoffizienten für den Wirkstoff, der Wirkstofflöslichkeit in der Membran und der Wirkstoffsättigungskonzentration im Vehikel erreicht werden. Die erhöhte thermodynamische Aktivität des Wirkstoffes in der Formulierung hat eine Zunahme der Durchlässigkeit zur Folge. Die Erhöhung des Verteilungskoeffizienten (Haut/Vehikel) bietet eine weitere Möglichkeit der Permeationsverbesserung. Ein Anstieg der Wirkstofflöslichkeit im Kosmetikum, sowie in der Dermis,  kann durch die Zugabe von Propylenglycol, Ethanol und unterschiedliche Esterprodukte erhalten werden. Diese Komponenten können ins Stratum corneum penetrieren, lipophile Substanzen im gelösten Zustand mittransportieren und die Wirkstofflöslichkeit im lipophilen Bereich des Stratum corneum erhöhen.

Eine weitere Möglichkeit der Permeationsverbesserung besteht in einer Wechselwirkung von Hilfsstoffen mit polaren Gruppen der Lipide und einer Störung der Lipidpackung. Die Penetrationsförderer schwächen die Cholesterol-Cholesterol und Cholesterol-Ceramid Wechselwirkungen, führen zur Denaturierung der interzellulären Proteine oder ermöglichen eine Extraktion von Lipiden aus dem Stratum corneum. Alle diese Mechanismen der Desorganisation der Lipidordnung des Stratum corneum haben eine erleichterte Durchlässigkeit für hydrophile Substanzen zur Folge.

Arten von Permeationsverbesserung

Die Feuchthaltemittel wie z.B. Harnstoff können die Hydratation des Stratum corneum erhöhen und damit die Diffusion von hydrophilen Substanzen verbessern. Die bei Okklusion nachgewiesene Permeationsverbesserung beruht auf dem stark erhöhten Wassergehalt des Stratum corneum. Es wurde gezeigt, dass 40-60 % (w/w) Wasser im Stratum corneum zu einer Störung der Lipidlamellen durch das Aufweiten der Lipidkopfgruppen von Cholesterinsulfat und Carboxysäure führt, dadurch kann die Diffusion für polare Substanzen verstärkt werden. Durch das Aufweiten der Domäne wird auch der lipophile Weg gestört, was einen erleichternden Transport für die lipophilen Substanzen zur Folge hat.

Moderne Kosmetika sind daher nicht okklusiv und stören die Organisation der Stratum corneum-Lipide weit weniger. Für die Verträglichkeitsprüfung von Kosmetika werden okklusive oder wenigstens semi-okklusive Bedingungen gewählt, um die Hautverträglichkeit auch unter extremen Bedingungen zu testen.

Die Störung der Lipiddoppelschicht kann nämlich auch durch ein Angreifen von polaren Enhancern auf die hydrophoben Lipidbereiche des Stratum corneum erfolgen, was zur Penetrationsverbesserung für lipophile Substanzen führt.

Das Wasser im Stratum corneum führt auch zur Verringerung der Wechselwirkungen von Wirkstoffen, die Wasserstoffbrücken ausbilden können.

Eine andere Möglichkeit der Penetrationssteigerung besteht in einer Interaktion lipophiler Penetrationsförderer mit den Kohlenwasserstoffketten innerhalb der Lipiddoppelschicht. Durch die Änderung der Lipidpackung und durch die Verflüssigung/Mobilisierung der Kohlenwasserstoffketten wird die Permeation von lipophilen Substanzen erleichtert. Zusätzlich kann die Durchlässigkeit des Stratum corneum durch die Anwendung von chemischen Substanzen, die einige Lipide und Proteine aus der Struktur herauslösen, gesteigert werden.

Alkohole


Ethanol, als häufig angewendetes Lösungsmittel und Penetrationsförderer, kann die Wirkstofflöslichkeit im Vehikel und auch im Lipidbereich des Stratum corneum erhöhen. Alberg hatte eine leicht steigende Permeation für Hydrocortison bei steigendem Ethanolgehalt bis 10 % (w/w) aus der wasserhaltigen, hydrophilen Salbe beobachtet. Die verbesserte Permeation von lipophilen Substanzen bei Anwesenheit von alkoholhaltigen Enhancern kann aufgrund einer verbesserten Wirkstofflöslichkeit im lipophilen Bereich des Stratum corneum erfolgen. Außerdem kann Ethanol als gutes Lösungsmittel einige Lipide und Proteine aus dem Stratum corneum extrahieren und damit dessen Durchlässigkeit erhöhen. Dabei nimmt die Fähigkeit zur Extraktion von Lipiden und Proteinen mit steigender Alkoholkonzentration sowie innerhalb der Reihe der Alkohole mit wachsender Kettenlänge zu. Ein Anstieg des Ethanolgehalts über 70 % führt zu einer Dehydratisierung des Stratum corneum und ist mit einer Behinderung der Penetration verbunden. Alberg konnte keine Penetrationsverschlechterung mit Ethanolgehalten von 10 % bis 30 % nachweisen.

Triglyceride


Quasiflüssige Substanzen,  wie verschiedene Triglyceride, können in den interzellularen Raum des Stratum corneum penetrieren,  weil Triglyceride einen guten Benetzungseffekt haben. Flüssige Triglyceride, welche eine geringere Polarität besitzen, verursachen durch Einlagerung in das Stratum corneum, eine Desorganisation der multilamellaren Schicht des Stratum corneum und stören damit seine Struktur.

Fettsäuren

Die Permeationsverbesserung der Fettsäuren wurden bereits von mehreren Autoren beschrieben. Die Fettsäureaktivität ist direkt von der Struktur der Moleküle abhängig. Generell sind die ungesättigten Fettsäure effektiver als gesättigte. Je mehr Doppelbindungen die ungesättigte Säure im Molekül enthält, desto effektiver ist sie. Weiterhin sind cis-Fettsäuren (natürliche Fettsäure) aktiver als die Fettsäuren mit trans-Konfiguration (künstliche Fettsäuren). Die cis-Modifikation hat ein größeres Potential zur Modifikation der Lipidpackung in der Doppelschicht des Stratum corneum. Die Ölsäure, als häufiger Vertreter dieser Enhancergruppe, kann die Mikrostruktur des Stratum corneum verändern und damit eine Erhöhung der Durchlässigkeit haben. Sie kann Hohlräume im Stratum corneum bilden und damit zu einer Störung der Lipiddoppelschicht führen. Die Permeationsverbesserung wurden auch für die Palmitoleinsäure und Linolsäure in der Literatur bereits beschrieben. Für die genannten Fettsäuren wurde der Anstieg der Penetration für z.B. Butylparaben registriert, wobei die Palmitoleinsäure die höchste Aktivität zeigte. Als Erklärung für die erhöhte Permeabilität wurde ein synergistischer Effekt zwischen der Fettsäure und Butylparaben, bestehend in einer Interaktion zwischen den polaren und unpolaren Lipidresten, angenommen.  Daher dringen die lipophilen Parabene auch tiefer in die Haut ein und sind gesetzlich reglementiert worden. Wir verwenden gar keine Parabene mehr in unseren Rezepturen.

Ester


Die Fettsäuereester, wie z.B. Isopropylmyristat und Isopropylpalmitat werden sehr häufig als Penetrationförderer angewendet.
Der Ester Isopropylmyristat kann die Packung der Lipide im Stratum corneum stören und sich in der Lipiddoppelschicht als getrennte Phase vorliegend einlagern. Anhand von Stratum corneum-Untersuchungen konnten von Leopold und Lippold Wechselwirkungen mit Lipiden im Stratum corneum nachgewiesen werden. Isopropylmyristat konnte je nach Wirkstoff einen positiven Einfluss auf die Penetration aber auch negativen Einfluss haben. Da Isopropylmyristat auch vermehrt Comedogene in der Haut begünstigen kann, verzichten wir schon seit Jahren auf den Einsatz von IPM. Als eine mögliche Erklärung für den Synergismus wurde ein kombinierter Effekt von hydrophilen und lipophilen Stoffen auf die Struktur der Stratum corneum-Lipide vorgeschlagen. Dieser Effekt besteht aus einer Desorganisation der Lipidstruktur des Stratum corneum und umfasst außerdem eine Proteindenaturierung.

 

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